Enzephalo-kranio-kutane Lipomatose ICD-10: Q82.4; ICD-11: LD27.0Y

Zuletzt aktualisiert am: 08.05.2024

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Synonym(e)

ECCL; Encephalo-cranio-cutaneous lipomatosis; Fishman-Syndrom; Haberland-Syndrom; KRAS-assoziierte Mosaik-RASopathie; Lipomatose, enzephalo-kranio-kutane; OMIM: 613001; ORPHA:2396

Definition

Die Enzephalo-kranio-kutane Lipomatose ist ein seltenes genetisch bedingtes Syndrom von dem nur etwa 50 Fälle beschrieben wurden. Es ist definiert durch Augen-, Hautsymptome und Störungen des ZNS (intrakranielle Lipome), darunter epibulbäre Dermoide, fokale aplastische Hautdefekte (Aplasia cutis) und nicht vernarbende Alopezie der Kopfhaut (Moog U 2009; Hunter AG 2006).

Ätiopathogenese

Die Enzephalo-kranio-kutane Lipomatose (und das Okulo-ektodermale Syndrom) wird durch Mutationen in verschiedenen Genen des RAS-MAPK-Signalwegs (HRAS, KRAS und FGFR1) verursacht. Diese Diversität der Genmutationen führt zu überschneidenden Phänotypen (Ardinger HH et al. 2007; Moog U 2009). Die umschriebenen Hamartome der Haut deuten auf einen zugrunde liegenden Mosaizismus hin (Bennett JT et al. 2016). Im Jahr 2016 entdeckten Bennett et al. Mutationen im FGFR1-Gen (das FGFR1-Gen kodiert einen Fibroblasten-Wachstumsfaktor-Rezeptor) bei ECL. Später wurde das ECL mit Mutationen im RAS-MAPK-Signalweg in Verbindung gebracht (Bennett JT et al. 2016). Beim OES wurden  in zwei Fällen Mutationen im KRAS-Gen (sie betrafen p.Leu19Phe und p.Gly13Asp) nachgewiesen (Peacock JD et al. 2015). Diese Mutationen wurden in vier weiteren Fällen bestätigt (Codon 146 des KRAS-Gens - p.Ala146Val und p.Ala146Thr), was die Rolle des RAS-MAPK-Signalwegs für dieses komplexe Syndrom bestätigt (Shoji MK et al. 2018).

Anstelle einer Mutation in FGFR1 oder KRAS wurde eine NRAS-Variante in einem Mosaikmuster gefunden. Es ist bekannt, dass NRAS-Varianten bei kongenitalen melanozytären Riesennävi, dem Schimmelpenning-Feuerstein-Mims-Syndrom und dem Noonan-Syndrom eine Rolle spielen (Richters RJH et al. 2020). Da NRAS ebenfalls ein RAS-MAPK-Gen ist, ist es nicht überraschend, dass Mutationen in NRAS ebenfalls zu diesem Phänotyp führen können. 2017 beschrieben Altmuller et al. Phänotyp- und Genotypspektren von NRAS-Varianten und schilderten einen Fall mit ektodermaler Dysplasie und intrazerebraler Arachnoidalzyste und subkutanem Ödem. Neben dieser neuen Variante ist dies der erste Fall, in dem blasige Hautläsionen bei einem Patienten mit OES/ECL beschrieben wurden. Blasenbildungen können jedoch auch bei Aplasia cutis im Zusammenhang mit syndromalen oder nicht-syndromalen Fällen auftreten.

Manifestation

Vorgeburtlich, Neugeborenenzeit

Klinisches Bild

Die diagnostischen Kriterien für die Enzephalo-kranio-kutane Lipomatose (ECL) wurden wie folgt definiert:

  • Auge: okuläres Choristom; Kolobome,
  • Haut: Naevus psiloliparus (ein mesodermaler Naevus der Kopfhaut, der durch fehlende oder spärliche Behaarung und atopischen lokalisiertes Fettgewebe gekennzeichnet ist-DD Aplasia cutis); angeborene kraniofaziale Lipome; multiple kleine kraniofaziale Hautanhängsel, Hautaplasie oder -hypoplasie, mögliche Kombination eines Naevus psiloliparus mit Lipomen. 
  • ZNS: intrakranielle Lipome, intrakranielle Verkalkung und Arachnoidalzysten (Hunter et al. 2006);
  • Weiterhin wurden anormale intrakranielle Gefäße, hemisphärische Atrophie, porenzephale Zyste und Hydrozephalus mit diesem Syndrom in Verbindung gebracht.

Sowohl die Enzephalo-kranio-kutane Lipomatose als auch das Okulo-ektodermale Syndrom können weitere Auffälligkeiten der Haut, unter anderem einen Nävus sebaceus, aufweisen. Weiterhin umfassen sie eine Disposition für Kiefertumore, nicht ossifizierende Fibrome und, im Falle einer ECCL, auch für niedriggradige Gliome. Da es nicht immer möglich ist, bisher verwendete klinische Diagnosen eindeutig zuzuordnen, wird die Bezeichnung (KRAS-assoziierte) Mosaik-RASopathie oft zutreffender sein.

Differentialdiagnose

Okulo-ektodermales Syndrom (OES, Mutationen in KRAS) mit den Hauptmerkmalen Epibulbärdermoide und angeborene Defekte der Kopfhaut.

Hinweis(e)

Mit „RASopathien“ wird eine Gruppe von Krankheiten um das Noonan-Syndrom bezeichnet, die auf einer Fehlregulation des RAS/RAF-Signalwegs durch meist aktivierende, konstitutionelle Mutationen beteiligter Gene beruhen. Gemeinsame klinische Merkmale sind:

  • kardiovaskuläre Anomalien
  • vermindertes Wachstum
  • Dysmorphien
  • Auffälligkeiten der Haut
  • Entwicklungsstörungen in variabler Ausprägung.

Teils besteht auch eine Tumordisposition. Wie der PI3K/AKT-Signalweg, mit dem er vernetzt ist, stimuliert der RAS/RAF-Signalweg das Zellwachstum und wird nach Bindung von Wachstumsfaktoren an Rezeptoren auf der Zelloberfläche durch RAS-Proteine vermittelt. Die klassischen RAS-Proteine werden von den Genen HRAS, KRAS und NRAS kodiert. Somatische Mutationen in diesen Genen, die spontan in einzelnen Zellen auftreten und aufgrund eines Wachstumsvorteils zu einer klonalen Expansion führen, spielen in der Onkogenese eine weitverbreitete Rolle.

ECL und OES überschneiden sich in Bezug auf Phänotyp und Genotyp stark. Augenanomalien, wie z. B. Dermoidzysten, und ipsilaterale Fehlbildungen des Zentralnervensystems tragen zu der Trias bei, die die Syndrome definiert.

Literatur
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  1. Altmuller F et al. (2017) Genotype and phenotype spectrum of NRAS germline variants. Eur J Hum Genet 25: 823–831.
  2. Ardinger HH et al. (2007) Expanding the phenotype of oculoectodermal syndrome: possible relationship to encephalocraniocutaneous lipomatosis. Am J Med Genet A 143A: 2959–2962.
  3. Bennett JT et al. (2016) Mosaic activating mutations in FGFR1 cause encephalocraniocutaneous lipomatosis. Am J Hum Genet 98: 579–587.
  4. Boppudi S et al. (2016) Specific mosaic KRAS mutations affecting codon 146 cause oculoectodermal syndrome and encephalo-craniocutaneous lipomatosis. Clin Genet 90: 334–342.
  5. Hunter AG (2006) Oculocerebrocutaneous and encephalocraniocutaneous lipomatosis syndromes: blind men and an elephant or separate syndromes? Am J Med Genet A 140: 709–726.
  6. Moog U (2009) Encephalocraniocutaneous lipomatosis. J Med Genet  46: 721–729.
  7. Peacock JD et al. (2015) Oculoectodermal syndrome is a mosaic RASopathy associated with KRAS alterations. Am J Med Genet A 167: 1429–1435.
  8. Richters RJH et al. (2020) Oculoectodermal Syndrome - Encephalocraniocutaneous Lipomatosis Associated with NRAS Mutation. Acta Derm Venereol. 2020 Apr 6;100(8):adv00103.
  9. Shoji MK et al. (2018) Epibulbar mass with upper eyelid cleft and focal scalp alopecia in a neonate: a new case of oculoectodermal syndrome. Ophthalmic Plast Reconstr Surg  34: e133–e136.

Verweisende Artikel (1)

Naevus psiloliparus;

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