Mosaik genetisches

Zuletzt aktualisiert am: 09.05.2024

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Synonym(e)

Genetisches Mosaik; Mosaik genetisches; somatischer Mosaizismus

Definition

Ein Mosaik im biologischen Sinn, auch genetisches Mosaik oder somatischer Mosaizismus genannt, bezieht sich auf ein Individuum, dessen Zellen ein unterschiedliches Erbgut aufweisen. Genetische Mosaike entstehen durch Neumutationen, die sich erst nach der Befruchtung (postzygotisch) ereignen. Sie sind somit aus einer homogenen Zygote hervorgegangen (bei genetisch unterschiedlichen Zellpopulationen spricht man von einer Chimäre). Prinzipiell kann jede monogene Erkrankung auch als Mosaik vorliegen und dann mit einer milderen oder atypischen Verlaufsform einhergehen im Vergleich zu einer Mutation, die alle Körperzellen betrifft.

Genetische Mosaike wurden in den letzten Jahren als Ursache einer größeren Zahl von Erkrankungen beschrieben. Es handelt sich vor allem um neurokutane Erkrankungen und syndromale Entwicklungsstörungen mit charakteristischem Phänotyp. Teilweise besteht eine Tumordisposition.

Ein genetisches Mosaik kann alle Organe betreffen. Ist die Haut betroffen kann eine solche Mutation zu sichtbaren Veränderungen führen. Ein kutanes Mosaik ist makromorphologisch durch ein charakteristisches Muster erkennbar (s.u. Blaschko-Linien/Bae T et al. 2018).

Mosaike mit einer Chromosomenaberration sind bei den Geschlechtschromosomen in Folge des Verlustes eines X-Chromosom nicht selten (z. B. Turner-Syndrom mit dem Karyotyp 45,XO/46,XX).

Infolge der X-Chromosomeninaktivierung haben Frauen ein funktionelles Mosaik, wobei in den Zellen teilweise das mütterliche, teilweise das väterliche X-Chromosom aktiv ist. Viele Mosaik-Mutationen sind nicht im Blut nachweisbar, sondern nur im betroffenen Gewebe.

Allgemeine Information

Die Identifizierung postzygotischer Mutationen hat zur Reklassifizierung traditioneller Krankheitsbilder geführt und zu einem besseren pathogenetischen Verständnis beigetragen. Der Nachweis eines postzygotischen Mosaiks bedeutet für Eltern eines betroffenen Kindes oft eine Entlastung, da für weitere Kinder in der Regel kein erhöhtes Wiederholungsrisiko besteht. Das Kind kann die Mutation seinerseits nur an die nächste Generation vererben, wenn auch die Keimzellen (Ei- oder Samenzellen) von dem Mosaik betroffen sind. Im Vererbungsfall tritt dann allerdings bei Nachkommen kein Mosaik, sondern eine durchgängige Mutation auf. Der Schweregrad und die klinische Symptomatik postzygotischer Mosaike sind vom Zeitpunkt des Mutationsereignisses, der Zellart, in der die Mutation stattfindet, der Expansion der mutierten Zellen, dem mutierten Gen und der Art der Mutation abhängig (Moog U et al. 2020). Je später Mosaike in der embryonalen Entwicklung auftreten, um so begrenzter ist die Symptomatik. Beispielsweise gehen bestimmte Hamartome der Haut auf lokale Mosaike in Hautzellen zurück (Happle R 2016).

Mosaike für letale Mutationen führen zu Krankheitsbildern, die nur in Mosaikform existieren, wie zum Beispiel das Proteus-, das Sturge-Weber- oder das McCune-Albright-Syndrom. Diese Erkrankungen können somit auch nicht von den Betroffenen an eigene Kinder vererbt werden, da im Vererbungsfall die Mutation durchgängig vorläge und letal wäre. Die korrekte Klassifizierung ist wichtig, da für einige Mosaik-Erkrankungen, zum Beispiel für „PIK3CA-related overgrowth spectrum“ (PROS) mit einem PIK3CA-Inhibitor bereits molekulare Therapieansätze zur Verfügung stehen.

Klinisches Bild

Hinweise auf Mosaik-Erkrankungen können sichtbare, persistierende Veränderungen der Haut sein, die punktuell, disseminiert, segmental oder linear vorliegen. Das häufigste Verteilungsmuster postzygotischer Mosaike sind die Blaschko-Linien, ein Liniensystem der Haut, das der Migration der Zellen während der Embryogenese entspricht. Beispielsweise können Pigmentmosaike bei Chromosomenstörungen sowie isolierte oder syndromale epidermale Hamartome  den Blaschko-Linien folgen. Die Haut ist wahrscheinlich deshalb ein häufiges Manifestationsorgan von Mosaiken, weil kutane Veränderungen leicht zugänglich und dann diagnostisch verwertbar sind. Auch verschiedene der im Folgenden aufgeführten Mosaik-Erkrankungen gehen mit Hautveränderungen einher (Moog U et al. 2020). 

Diagnostik

Neue Verfahren der Genomanalyse, besonders das 2005 eingeführte Verfahren der Hochdurchsatzsequenzierung „next generation sequencing“ (NGS), haben den Nachweis von Mosaiken und hierdurch das Verständnis von Mosaik-Erkrankungen enorm verbessert. Viele Mosaik-Mutationen sind nicht im Blut nachweisbar, sondern nur im betroffenen (läsionalen) Gewebe, zum Beispiel der Haut. Da die Haut jedoch bioptisch leicht zugänglich ist, die mutierten Hautareale klinisch leicht abgrenzbar sind, gelingt der genetische Nachweis der Mutation relativ einfach!

Hinweis(e)

Hinweise auf Mosaik-Erkrankungen können sichtbare, persistierende Veränderungen der Haut sein, die punktuell, disseminiert, segmental oder linear vorliegen. Das häufigste Verteilungsmuster postzygotischer Mosaike sind die Blaschko-Linien, ein Liniensystem der Haut, das der Migration der Zellen während der Embryogenese entspricht. Die Haut ist wahrscheinlich deshalb ein häufiges Manifestationsorgan von Mosaiken, weil kutane Veränderungen leicht zugänglich und dann diagnostisch verwertbar sind. Auch verschiedene der im Folgenden aufgeführten Mosaik-Erkrankungen gehen mit Hautveränderungen einher.

Der Nachweis einer Mosaik-Erkrankung kann therapeutisch relevant sein, erfordert aber einen gerichteten Verdacht und eine geeignete Methodenwahl bei der genetischen Diagnostik, da der Nachweis meist nicht im Blut gelingt. Bei kutanen Mosaiken ist der Nachweis einer Mutation aus läsionaler Haut möglich. 

Literatur
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  1. Bae T et al. (2018) Different mutational rates and mechanisms in human cells at pregastrulation and neurogenesis. Science 359: 550–555
  2. Lim YH et al. (2017) Mosaicism in cutaneous disorders. Annu Rev Genet 51: 123–141
  3. Moog U et al. (2020) Erkrankungen durch genetische Mosaike. Dtsch Ärztebl Int 117: 119-125
  4. Happle R (2016) The categories of cutaneous mosaicism: a proposed classification. Am J Med Genet A 170A: 452–459
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