11.08.2022

Sex und Babyboom in Pandemiezeiten!

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen,
Babyboom durch Corona!

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen,
Babyboom durch Corona! Die Frankfurter Allgemeine Zeitung teilte uns am 4.8.2022 mit, dass die Lockdowns während der Corona-Pandemie in den Jahren 2020 und 2021, Deutschland einen „Babyboom“ bescherte. 22.000 Kindern waren es mehr als im Vorjahr. Ich gestehe, dass ich mit diesem Anstieg eigentlich gerechnet hatte, denn er spiegelt den Tenor mehrerer wissenschaftlicher Untersuchungen zu Sexualität und Corona wider. Grund genug, mit Herrn Prof. N. Brockmeyer, einen ausgewiesenen Experten über diese Zusammenhänge zu befragen.

Pandemien gingen schon immer mit großen sozialen Verwerfungen, mit Einschränkungen der persönlichen Freiheit und Diskriminierung einher, wobei erst die syphilitische Pandemie, am Ende des 15. Jahrhunderts, die Sexualsphäre des Einzelnen in das Visier der politischen Klasse und des Klerus rückte. Die ursprüngliche syphilitische Endemie zeigte sehr bald, ihr erstes ernstzunehmendes pandemisches Gefahrenpotenzial und rief, bereits im Jahre1495, den Reichstag auf den Plan: „Gott zürnt der Menschheit, weil sie das Gebot, sich aller lästerlichen Worte und Schwüre beim Namen Gottes und seiner heiligsten Glieder (geflucht wurde schon immer!) zu enthalten, nicht beachte, und darum habe er Strafen wie Hungersnot, Erdbeben und eben diese Seuche gesandt, die man gemeinhin das Franzosenübel nenne, und von der man zuvor seit Menschengedenken noch nie was gehört habe.“

Gedenkmarke anläßlich der 500-Jahresfeier zum Reichstag im Jahre 1495

Wie heute auch, meldeten sich damals gewichtige Wissenschaftler zu Wort. Erasmus v. Rotterdam formulierte einige, bemerkenswert drastische, Gedanken zur Prävention: Vor der Hochzeit sollten beide Ehepartner auf Syphilis untersucht werden. Wenn einer der beiden Brautleute krank war, sollte dies Grund genug sein, das Eheversprechen aufzulösen. Und, laut Erasmus, wäre es am besten, das Übel an der Wurzel zu packen: „Man hätte das Heil der ganzen Welt bewahren können, wenn man die ersten Syphilitiker verbrannt hätte“, eine Radikalkur. Und, da es nun dafür leider zu spät war, sollten Syphilitiker laut Erasmus am besten kastriert werden“. Ohne Zweifel eine rabiate  Präventionsmaßnahme. Die Kastrationsidee stieß, was nachvollziehbar ist, nur auf geringe Gegenliebe. Auch der Klerus meldete sich zu Wort. Julius II (1443-1513), der damalige Pontifex, Auftraggeber und erster Bauherr des Peterdoms, starb zwar dummerweise selbst an der Syphilis - er hätte es besser wissen sollen - nutzte jedoch, während seines finanziell klammen Pontifikats, die Angst vor der grassierenden Seuche zur Forcierung des „Ablasshandels“ und obendrein zur Einführung des „Peterspfennigs“. Und nicht genug! Auch die „Kurtisanen“ wurden mit einer Sondersteuer belegt. Bemerkenswerterweise brachte dieser dreiste Griff unterhalb die Gürtellinie, der päpstlichen Kämmerei das Vierfache dessen ein, was durch den Verkauf der Ablassbriefe in den deutschen Landen erlöst wurde. Es ist auch nicht verwunderlich, dass es auch für Sexualsünden einen speziellen Ablass gab.
200 Jahre später, im „Siècle galant“ war die Einstellung der höheren Stände zur Syphilis gelassener, ja frivol. Die adeligen Höfe, mit ihren sehr speziellen Entouragen aus Hofschranzen, führten ein ungestörtes Eigenleben. Gesetze der Religion, der Moral und Ethik galten umso weniger, je mehr sich eine "Kultur l`amour“ nach Vorbild des französischen Königs, des „Roi Soleil“, Ludwig XIV (1638-1715) entwickelte. Kein Wunder, dass in diesen Kreisen Geschlechtskrankheiten den Alltag dominierten. Während man die Lustseuche des gemeinen Volkes für eine „wohlverdiente Strafe just an den Körperteilen hielt, mit denen man gesündigt hatte“, galten Syphilis und Gonorrhoe in Adelskreisen als galante Kavalierskrankheiten. So wurden die syphilitischen  Hauttauschläge einer Hofdame mit dem blumigen Wort „fleurs“ bezeichnet (das Wort Effloreszenz erhält hier eine neue Bedeutung). Ihre Hautblüten waren durch „die vergifteten Pfeile Amors oder auch den Speer der Venus verursacht. Merkur vermochte sie dennoch zu heilen“, allerdings mit der Folge von Haar- und Zahnausfall. Diese schleichenden Nebenwirkungen des Merkuriums, eine Quecksilbervergiftung, wurden durch das Tragen von Perücken, (Allongeperücken), die Nutzung von Fächern (um Zahnverluste und übelriechenden Atem zu kaschieren), und bei Primäraffekten, durch das Überkleben mit Schönheitspflastern (Mouche) verdeckt. Syphilitische Granulome wurden an Hals und Händen hinter Spitzenjabots, die bis heute die rheinischen Karnevalskostüme zieren, bzw. eleganten "gants de cuire" aus feinstem Ziegenleder verborgen. Es ist verständlich , dass sich die Couturiers des Rokkokos, mit der damaligen „Mode“, nach den Bedürfnissen des höfischen Lebens gerichtet haben. Syphilitische Dirnen wurden jedoch ausgepeitscht.   

Heute geht man bei der Pandemie subtiler vor. Ablasshandel und Peterspfennig wären politisch kaum mehr durchsetzbar. Aber die fiskalische Schraube, mit galoppierender Inflation einerseits und eklatanter Erhöhung der Lebenshaltungskosten andererseits, leisten das selbe. Nur subtiler! Und es trifft nicht nur die Gottesfürchtigen, sondern jeden, die Armen am meisten. Der politisch und medial herbeidiskutierte Lockdown führte, als drastischste und unkreativste aller möglichen Präventivmaßnahmen, zu einer Art dramatischen Grabesruhe allen öffentlichen Lebens. Wir alle erinnern uns an den herzergreifenden Aufschrei der italienischen Bevölkerung, an den virtuellen Chor "Va pensiero" aus Verdi`s Oper Nabucco.

Und nun zu dem heutigen Thema. Wie wirkte sich eine Lockdown- Periode auf die Intimsphäre der Menschen aus, auf ihre persönlichen sexuellen Interessen und Erfahrungen? Es drängt mich mein, zugegebenermaßen rudimentäres, Wissen darüber zu verbessern, insbesondere nach der "Babyboom Headline" in der Frankfurter. Es geht mir um intime Lockdown-Fragen - nach:

sexuellem Verlangen und Erregbarkeit

Partnerschaft

Veränderungen der sexuellen Aktivitäten sexuellen Interessen und Einstellungen

und weiterhin auch um:

virtuelle sexuelle Aktivitäten

Dating-Verhalten

sowie um sexuelle Probleme und Funktionsstörungen

und last not least um STI (sexuell übertragbare Infektionen) im Lockdown.
Es sind viele Fragen, aber Herr Prof. Norbert Brockmeyer hat sich bereit erklärt, zu diesem Fragenkomplex Stellung zu nehmen. So gilt mein virtueller Besuch Herrn Prof. Norbert Brockmeyer (NB), dem langjährigen Leiter und Mitbegründer des Zentrums für Sexuelle Gesundheit und Medizin, Walk In Ruhr (WIR), an der Dermatologischen Klinik der Ruhr-Universität Bochum. Herr Prof. Brockmeyer hat mit seiner Arbeitsgruppe über das Sexualverhalten und über sexuell übertragbare Infektionen unter der SARS-CoV-2- Pandemie geforscht. Vorab jedoch eine Bemerkung: Auf eine Genderisierung habe ich in meinen bisherigen Texten, schon aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichtet, so auch bei diesem Artikel. Stattdessen findet sich in diesem Text das generische Maskulinum. Dies gilt somit für alle Geschlechter gleichberechtigt und ist keinesfalls als Diskriminierung anzusehen.   

PA: Deutschland und Europa haben schwere Zeiten hinsichtlich der Infektionen mit dem SARS-CoV-2 erlebt, mit schwer zu ertragenden Bildern in Bergamo/Oberitalien, zu Beginn der Pandemie im Jahr 2020. Bergamo das Stichwort, das uns die Gefahren dieser viralen Infektion drastisch vor Augen führte. Die Behörden griffen in ihrer Not, europaweit, tief in die Privatsphäre eines jeden Individuums ein, einem Armamentarium an eingreifenden Restriktionen. Die Maßnahmen umfassten u. a. das Tragen von Mund-Nase-Masken, Abstands- und Kontaktregeln, die Schließung von Schulen und Universitäten, von Gastronomie- und Fittnessstudios, ebenso von Clubs und Saunen, Stätten in denen Menschen üblicherweise Kontakte pflegen.
Hinzu kamen weitreichende berufliche (z. B. Umstellung auf Homeoffice), familiäre (z. B. ungleiche Arbeitsbelastung für Eltern durch Kita- und Schulschließungen) und finanzielle Veränderungen (z. B. Kurzarbeit, Arbeitsplatzverlust). Eine lähmende Angst legte sich wie eine undurchdringliche Dunstglocke über die Menschen. Es liegt nahe anzunehmen, dass sich derartige, das Privatleben einschneidend beeinflussende Maßnahmen, auf zwischenmenschliche, intime Kontakte ausgewirkt haben.
NB: Heute, im August 2022, erleben wir eine grundsätzlich andere Situation. Die Covid-Inzidenzen sind nach dem Wegfall der sozialen Beschränkungen, immer noch immens hoch. Ja, sie sind ungleich höher als zu Beginn der Pandemie. Und doch geraten sie eher zu einer medialen Randnotiz da einerseits der Ukraine-Krieg die Gazetten beherrscht, und andererseits die Pathogenität des Erregers ihren Schrecken verloren hat. Der Erkrankungsmodus nähert sich eher einem „undramatisch“ verlaufenden, grippeähnlichen Infekt, obgleich die Todesrate immer noch hoch ist.   
PA: Hat sich überhaupt das Sexualverhalten der Bevölkerung während dieser Pandemie-Zeiten verändert? Und wenn ja, wie? Es kursieren epidemiologische Zahlen, dass etwa drei Viertel der befragten Personen während der pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen Veränderungen in ihren sexuellen Interessen und Erfahrungen erlebten.
NB: Diese etwas pauschalen Angaben kann ich in etwa bestätigen. Inhaltlich konnten Veränderungen in verschiedenen Bereichen festgestellt werden: sexuelles Verlangen und Erregbarkeit, Partnerschaft, sexuelle Aktivitäten, sexuelle Interessen und Einstellungen, Dating und sexuelle Probleme bzw. Funktionsstörungen.
PA: Könnten Sie dies weiter spezifizieren?
NB: Grundsätzlich kann gesagt werden, dass bei denjenigen, die über eine jeweilige Veränderung berichteten, häufiger ein verstärktes sexuelles Verlangen, als ein reduziertes sexuelles Verlangen bemerkt wurde.
PA: Ich bin nicht wirklich überrascht über diese Aussage. Gilt dies nur für Deutschland oder auch für andere Länder Europas?
NB: Diese Tendenz zeigte sich auch in EU-weiten Studien. Dazu muss ich allerdings sagen, dass die durchgeführten Studien auf Grund unterschiedlicher Methodik häufig nur begrenzt miteinander vergleichbar sind.
PA: Hat diese Lockdown-Situation zu einer Zunahme an Nähe und Intimität geführt?
NB: Ja, dies war der Fall. Die Studien spiegeln eine Zunahme des Verlangens nach Nähe, Intimität und Körperlichkeit wieder. Beispielsweise gibt es gute Publikationen, die eine Zunahme der Masturbationsfrequenz belegen, wobei manche Studien auch ein heterogenes Bild zeichnen.
PA: Ist diese Zunahme nicht einfach der Tatsache geschuldet, dass auf Grund des Lockdowns alle Menschen und naturgemäß auch alle Paare „zwangsläufig“ mehr Zeit miteinander verbracht haben?
NB: Ich kann bestätigen, dass bei Partnerschaften von einer Zunahme der gemeinsam verbrachten Zeit und einer Steigerung der emotionalen Intimität berichtet wurde. Allerdings spielen dabei noch weitere Faktoren eine Rolle, z.B. das Zusammenleben mit Kindern.
PA: Ich habe immer die Durchschnittsfamilie „2 Erwachsene mit 2 Kindern“ vor Augen. Diese Lockdown-Konstellation muss doch in einer einfachen Etagenwohnung mit oder ohne Balkon zu Lasten der Partnerschaftsqualität gegangen sein?
NB: Kinderlose Paare berichteten über eine bessere Partnerschaftsqualität als Paare mit Kindern, die eine bessere Beziehungsqualität zu ihren Kindern als zueinander beschrieben haben. Jedoch führt diese soziale-Vereinsamung, gerade für aktive Kinder und ihre Eltern, zu Dauerstress, zu Aggressionen die naturgemäß besonders ausgeprägt in beengten Wohnungsverhältnissen "hochkochen".
PA: Sind in den Ihnen bekannten Studien auch Veränderungen des sexuellen Verlangens publiziert worden?
NB: Tatsächlich gibt es Angaben darüber. Ein Teil der Probanden gab eine Zunahme der Masturbationsfrequenz an.
Bemerkenswert auch der veränderte Stellenwert der Masturbation quasi „zur Ablenkung und gegen Langeweile“.
Seltenere Angaben bezogen sich auf gesteigerte Erregbarkeit - „zufällige leichte Berührungen … haben mich teilweise schon erregt, selbst wenn die Person gar nicht attraktiv für mich war“. „Einige spezifische Sachen wurden weniger attraktiv, die anderen eher mehr“. In einer US-amerikanischen Studie wurde von neu adaptierten sexuellen Aktivitäten (z. B. Sexting - neue Stellungen) während der Kontaktbeschränkungen berichtet, was im Zusammenhang mit jüngerem Alter, eigenem Wohnraum, Stress und Einsamkeit sowie einer erlebten Verbesserung der eigenen Sexualität stand.
PA:  Für mich sind diese Angaben gut nachvollziehbar. Sie könnten ja auch durch den Angstfaktor- Ansteckungsgefahr durch Covid SARS-Cov 2, der sich in nicht-monmogamen Beziehungskonzepten sicherlich eingenistet hat, entstanden sein. 
NB: Die mir bekannten Zahlen verdeutlichen dies. Es wurde von einem erschwerten Zustandekommen von sexuellen Kontakten außerhalb bereits bestehender partnerschaftlicher oder sexueller Beziehungen berichtet. Diese waren den restriktiven gesetzlichen Maßnahmen geschuldet. Es zeigte sich, dass in den Zeiten der Kontaktbeschränkungen, eine intensivere Beschäftigung mit den Themen Sexualität und Partnerschaft erfolgte.
PA: Für nichtmonogame Beziehungskonzepte dürfte der Lockdown ja einschneidend gewirkt haben?  
NB: Die Veränderungen der gelebten Partnerschaftskonzepte, hinsichtlich der Offenheit nichtmonogamer Beziehungskonzepte durch die Kontaktbeschränkungen, waren sicherlich einschneidend. Es wurden aber andere Formen von Sexualkontakten gelebt, raus aus dem öffentlichen Raum, hin zu privaten „Netzwerken" in denen Sexualität gelebt wurde. Dies führte zu einer Verlagerung der "Treffsexualität/Lebenswelten" (Clubs, Saunen, Bordelle) in private Bereiche, sodass, auf dieser Schiene, teilweise neue sexuelle Netze und damit Infektionsketten entstanden, die nur schwer - da im privaten Raum existierend - durch Präventionsmaßnahmen erreichbar waren. 
PA: Spielen „virtuelle sexuelle Aktivitäten“ eine Rolle. Ich habe diesen bemerkenswerten Begriff in einer Fachzeitschrift gefunden. Es wurde vermutet, dass die Kontaktbeschränkungen im sozialen Leben zu einer Verlagerung sexueller Aktivitäten auf virtuelle Ebenen führen könnten und beispielsweise der Konsum pornografischen Materials ansteigen könnte. Wie hat sich der Lockdown auf diese „virtuellen“ Aktivitäten ausgewirkt?
NB: Ich kann bestätigen, dass im Bereich virtueller sexueller Aktivitäten ein gesteigerter Konsum von Pornografie und digitaler Kommunikation stattgefunden hat. Wenngleich sich die dazu publizierten Daten nur auf kleinere Gruppen beziehen, spiegeln sich diese Tendenzen auch in den Angaben großer digitaler Internet Pornografieanbieter wieder (Pornhub 2020). Die hier nachfolgend dargestellte Graphik zeigt den Anstieg der Zugriffszahlen in der strengen Lockdown-Periode in Italien aus dem Jahre 2020. Analoge Zahlen können für Frankreich und Spanien erhoben werden. Die Aussagen dieser Kurve bedürfen keiner weiteren Interpretation.

Zugriffe auf das Portal Pornhub. Angaben für Italien während der Lockdown Periode im Jahre 2020

PA: Mich würden jetzt noch Zahlen für die Kategorie Dating interessieren.
NB: Auch in der Kategorie Dating wurde, während der Kontaktbeschränkungen, eine verstärkte Offenheit gegenüber virtuellen Möglichkeiten beschrieben. Gleichzeitig - und das ist nicht verwunderlich - gab es mehr Zurückhaltung bei persönlichen Dating-Kontakten, zudem war Sexarbeit verboten. Deshalb haben Sexarbeiter verstärkt digitale sexuelle Angebote gemacht. In Bezug auf sexuelle Probleme, zeigten sich häufiger eine Zunahme der Belastung durch Veränderungen des sexuellen Verlangens, und seltener eine Abnahme des Leidensdrucks. Grundsätzlich muss man zu allen bekanntgewordenen Zahlen sagen, dass die Stichproben nicht repräsentativ sein können. Aber sie geben einen Trend wieder, den wir auch so erwartet hatten. Und weiterhin ist zu beachten, dass die meisten Angaben von Kollektiven stammten, die sich aus überdurchschnittlich gebildeten, großstädtischen Singles zusammensetzten.
PA: Noch eine abschließende Frage zu Sex und Impfung. Welche Haltung nehmen Sie dazu ein?
NB: Beim Sex spielt ein Impfschutz eine besondere Rolle: Er schützt in hohem Maße vor einer Weitergabe und Ansteckung mit SARS-CoV-2. Ich empfehle die Impfung ohne wenn und aber (Kontraindikationen berücksichtigend), auch wenn Covid-Impfungen nicht vor jeder neuen Variante schützen können. Die Krankheitsverläufe werden jedoch meist deutlich abgemildert. Beim Sex sind natürlich das Kondom, und bei hohem HIV-Risiko die Präexpositionsprophylaxe wichtig.
 

NB: Zusammenfassend kann man sagen:
In der Lockdown-Phase wurden die sexuellen Kontakte und die Zahl an unterschiedlichen Partnern reduziert. Sexualität wurde in der Pandemie natürlich weiter gelebt, erkennbar an dem nachfolgenden Babyboom. Bemerkenswert war das Ansteigen der STI-Rate in unserem Kollektiv von ca. viertausend Personen, die trotz- oder wegen der Pandemie angestiegen ist, insbesondere bei jüngeren Menschen (s. Abb.). Und letztlich: Welche Bedeutung können diese Informationen für Sie als behandelnde Kollegen haben? Thematisieren Sie Sexualität in Ihren Gesprächen mit den Patienten. Bieten Sie STI-Tests an. Ihre Patienten werden es Ihnen danken, denn 90% möchten dies gerne.

WIR-Daten/Vergleich der Inzidenzen von sexuell übertragbaren Infektionen (STI) der Jahre 2019-2020. CT=Chlamydia trachomatis, NG= Neisseria gonorrhoea, MG=Mycoplasma genitalium,TP=Treponema pallidum.  N. Brockmeyer et al. (2021) Bundesgesundheitsblatt 64:1440-1451

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen,
Ich danke Herrn Prof. Brockmeyer für seine Aussagen zu dem Thema “Sexualität und Covid” und dem offenen Umgang mit diesem sensiblen Thema. Wir alle tendieren ja eher dazu, solche intimen Verhaltensweisen und die daraus resultierenden Fragen nicht zu thematisieren. Die Personen machen dies untereinander ab, oder schweigen sich grundsätzlich aus, sodass es häufig dem einzelnen überlassen bleibt, mit seinen Problemen fertig zu werden.
 
Indem ich Sie sehr herzlich grüße, wo immer Sie auch diesen Newsletter gelesen haben, verbleibe ich 
Ihr
Peter Altmeyer

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